Medienmitteilung zum Urteil A-4782/2023

Sexuelle Belästigung nicht erwiesen

Ein Bundesangestellter wurde wegen sexueller Belästigung fristlos entlassen. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zum Schluss, dass das bei solchen Kündigungen erforderliche Beweismass nicht erreicht war und heisst die Beschwerde teilweise gut.

03.05.2024

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Bei einer fristlosen Entlassung wegen sexueller Belästigung dürfen keine ernsthaften Zweifel an den vorgebrachten Behauptungen bestehen. (Bild: Keystone)
Bei einer fristlosen Entlassung wegen sexueller Belästigung dürfen keine ernsthaften Zweifel an den vorgebrachten Behauptungen bestehen. (Bild: Keystone)

In einer internen Untersuchung stellte sich heraus, dass ein Bundesangestellter offenbar eine Arbeitskollegin sexuell belästigt hatte. Die Arbeitskollegin machte unerwünschte, sexuell konnotierte Berührungen und verbale Belästigungen geltend. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Bundesangestellten deshalb fristlos aus wichtigen Gründen. Dagegen erhob der Angestellte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Er bestritt das Vorhandensein eines wichtigen Grundes und behauptete, er sei Opfer einer Verschwörung. Er beantragte eine Entschädigung von 65 000 Franken, jedoch keine Weiterbeschäftigung.

Beweismass für «wichtigen Grund» nicht erreicht
Das BVGer bestätigt in seinem Urteil, dass sexuelle Belästigung grundsätzlich eine fristlose Entlassung aus wichtigem Grund rechtfertigt. Anders als in gewissen anderen Bereichen ist das Beweismass in Fällen von sexueller Belästigung jedoch nicht herabgesetzt. Es genügt somit nicht, eine Tatsachenbehauptung bloss glaubhaft zu machen, sondern das Beweismass ist strenger: Es dürfen in Bezug auf die Wahrheit der Behauptungen keine ernsthaften Zweifel bestehen.

Das Gericht hat eine gesamthafte Würdigung der eingereichten Beweise vorgenommen. Aufgrund der Unstimmigkeiten, der vagen Zeugenaussagen und der zweifelhaften, zeitlichen Darstellung der Geschehnisse kommt das Gericht zum Schluss, dass das erforderliche Beweismass nicht erreicht ist. Der wichtige Grund, der zur fristlosen Kündigung führte, ist damit nicht erwiesen. Die fristlose Entlassung war folglich nicht gerechtfertigt.

Tiefere Entschädigung als beantragt
Wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint, hat der entlassene Angestellte Anspruch auf Entschädigung. Vorliegend anerkannte das BVGer einen Ersatz des bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist geschuldeten Lohnes. Ausserdem sprach das Gericht dem Beschwerdeführer eine Entschädigung in der Höhe von drei Monatslöhnen zu. Dies ist weniger, als der Beschwerdeführer beantragt hatte. Das Gericht trägt damit dem nicht immer vorbildlichen Verhalten des Angestellten Rechnung.

Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Kontakt

Rocco Maglio
Rocco Maglio

Medienbeauftragter / Leiter Kommunikation a.i.