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Die Unabhängigkeit der Justiz wahren

Die Justizinitiative will das Wahlprozedere für Bundesrichter/innen ändern. Daniela Thurnherr, Rechtsprofessorin an der Universität Basel, sieht eher Handlungsbedarf beim Erfordernis der Wiederwahl und der Parteizugehörigkeit als faktische Wählbarkeitsvoraussetzung.

24.06.2020 - Katharina Zürcher

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Bild der Göttin Justitia
Foto: iStock

Dem Anliegen der hängigen Justizinitiative, Bundesrichterinnen und -richter künftig per Losentscheid zu ermitteln, kann Daniela Thurnherr nicht viel abgewinnen. «Die Wahl durch das demokratisch legitimierte Bundesparlament stärkt auch die Legitimation der Richterinnen und Richter», ist die Basler Rechtsprofessorin überzeugt. Durch die angestrebte Repräsentation der Bevölkerung in der Justiz sei zudem die rechtsfortbildende Tätigkeit der Gerichte politisch und gesellschaftlich breit abgestützt. Das transparente Ausschreibungsverfahren der parlamentarischen Gerichtskommission funktioniere gut. «Hier ist der Bund jenen Kantonen voraus, die eine wenig durchsichtige Vorauswahl vornehmen oder die Volkswahl kennen und von den Kandidatinnen und Kandidaten teilweise einen eigentlichen Wahlkampf abverlangen.» Problematischer findet Daniela Thurnherr, dass Richterinnen und Richter auf Bundesebene nach sechs Jahren wiedergewählt werden müssen.

«Wenn Parteien Druck ausüben, dass nach einer bestimmten parteipolitischen Linie entschieden wird, gefährdet das die Unabhängigkeit der Justiz.»

Daniela Thurnherr

Die Justizinitiative sieht eine einmalige zwölfjährige Amtsdauer vor. Daniela Thurnherr ist auch diesbezüglich skeptisch: «Für jüngere Personen könnte das Richteramt an Attraktivität verlieren, wenn sie später wieder in einem anderen juristischen Beruf Fuss fassen müssen.»

Gewählt auf unbestimmte Zeit

Besser findet sie das System des Kantons Freiburg, wo Richterinnen und Richter auf unbestimmte Zeit gewählt werden – gekoppelt an die Möglichkeit einer Abberufung in gesetzlich vorgesehen Fällen. International kritisiert wird auch die Schweizer Parteifinanzierung durch die Mandatsabgabe. «Auf Bundesebene und – soweit ersichtlich – auch in den Kantonen wurde die Wiederwahl einer Richterin oder eines Richters zwar noch nie von finanziellen Abgaben abhängig gemacht», sagt Daniela Thurnherr. «Aber schon der Anschein, dass dies der Fall sein könnte, ist schlecht für das Ansehen und die Unabhängigkeit der Justiz.»

Aus der Perspektive der Parteien, denen im schweizerischen politischen System eine wichtige Bedeutung zukomme und die dafür auch finanzielle Ressourcen benötigen, könne sie das Festhalten am Status quo nachvollziehen. Bei einem Systemwechsel müsse daher über eine staatliche Parteienfinanzierung diskutiert werden. Dasselbe gelte im Falle eines Verzichts auf die faktische Wählbarkeitsvoraussetzung der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Dieser Schritt wäre ihrer Ansicht nach ebenfalls wünschbar, da er die Rekrutierungsbasis verbreitern und die Frage der Qualifikation für die richterliche Tätigkeit ins Zentrum rücken würde.

Unnötige Beschränkung

Mit der Forderung der Justizinitiative nach Unabhängigkeit von politischen Organisationen kann Daniela Thurnherr nichts anfangen: «Dies würde den Kreis potenzieller Bundesrichterinnen und Bundesrichter unnötig beschränken», sagt sie. Zudem würde damit wohl die Wahl von – regelmässig gestützt auf einen freiwilligen Parteienproporz – gewählten Richterinnen und Richtern der Vorinstanzen in das Bundesgericht verunmöglicht. «Dies hätte weitreichende Konsequenzen für die Richterlaufbahn und die Rekrutierung, war ein grosser Teil der heutigen Bundesrichterinnen und Bundesrichter doch vorgängig in einer Vorinstanz tätig.»

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