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Der etwas andere Blick

Mattia Bernardoni ist IV-Experte und kennt alle Facetten des Rechtsbetriebs: als Rechtsanwalt, Mitarbeiter einer Ausgleichskasse und seit Kurzem Gerichtsschreiber in der Abteilung III.

08.06.2023 - Kenza Kebaili

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Portrait Mattia Bernardoni | © Foto: Kenza Kebaili
Mattia Bernardoni: Rechtsanwalt, Mitarbeiter einer Ausgleichskasse und seit Kurzem Gerichtsschreiber am BVGer. Foto: Kenza Kebaili

Letzten September hat sich Mattia Bernardoni für eine berufliche Neuausrichtung entschieden und eine Stelle als Gerichtsschreiber in der Abteilung III des Bundesverwaltungsgerichts angetreten. Zuvor arbeitete der gebürtige Tessiner von 2008 bis 2016 zuerst als Sachbearbeiter, dann als Abteilungsleiter bei der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) in Genf. Dort bearbeitete er die IV-Anträge von Versicherten, die im Ausland ansässig sind. 2021 erlangte er das Anwaltspatent und arbeitete dann als Rechtsanwalt für eine Kanzlei, die sich insbesondere um Beschwerden im Bereich der Sozialversicherungen kümmert.

Eine reichhaltige Berufserfahrung

Dank seiner beruflichen Laufbahn hatte Mattia Bernardoni die Gelegenheit, sich eine Gesamtsicht über die Probleme und Prozesse im Zusammenhang mit der Invalidenversicherung zu verschaffen. Als Sachbearbeiter bei der ZAS bestand seine Haupttätigkeit darin, Verfügungen für Versicherte im Ausland zu erlassen. Bisweilen wurden seine Entscheide vom BVGer sogar rückgängig gemacht: «Natürlich war das unangenehm. Manchmal war ich auch nicht einverstanden. Aber das Urteil war immer verständlich, klar formuliert und gut begründet», kommentiert er heute. Handkehrum verteidigte er als Rechtsanwalt die Interessen von Einzelpersonen bisweilen gegen die ZAS, aber auch gegen das BVGer.

«Als Rechtsanwalt kannst du gewisse Aspekte des Gesetzes im Interesse des Kunden ausblenden. Aber hier muss ich neutral und erschöpfend sein: Ich darf keinen Aspekt des Gesetzes ignorieren.»

Mattia Bernardoni

Der Blick hinter die Kulissen

Es gibt viele Gründe dafür, dass sich der Wahl-Genfer beim BVGer beworben hat: «Einerseits wollte ich wirklich neue Erfahrungen sammeln. Andererseits kenne ich das BVGer dank meiner Laufbahn sehr gut. In meiner Wahrnehmung hat es einen ausgezeichneten Ruf. Dann wollte ich unbedingt mal hinter die Kulissen blicken und, wie Montesquieu es sagt, zum ‹Mund des Gesetzes› werden». Als Mitarbeiter des BVGer musste Mattia Bernardoni seine Arbeitsweise ziemlich anpassen. Hier muss er sich streng an das Gesetz halten und es ganz unparteiisch anwenden. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu seinem früheren Beruf: «Als Rechtsanwalt kannst du gewisse Aspekte des Gesetzes im Interesse des Kunden ausblenden. Aber hier muss ich neutral und erschöpfend sein: Ich darf keinen Aspekt des Gesetzes ignorieren.» Auch als Sachbearbeiter musste er die Interessen der ZAS wahren. Im Übrigen ist die langjährige Erfahrung mit den Sozialversicherungen auch ein Vorteil für seine aktuelle Stelle, denn er kennt die Verfahren und den Jargon der Vorinstanz in- und auswendig. Damit spart er bei der Analyse der Aktenstücke viel Zeit.

Über Parteilichkeit und Interessenkonflikte

Seine Vergangenheit wirft aber auch die Frage auf, ob Mattia Bernardoni, der weiterhin gute Kontakte mit ehemaligen Kollegen pflegt, auch wirklich unparteiisch ist und keine Interessenkonflikte hat. Darauf antwortet er, dass natürlich ein Interessenkonflikt auftreten könnte, wenn er in einer Akte auf den eigenen Namen stossen würde. Doch sei dies eher unwahrscheinlich, weil das ja schon lange zurückliege. In einem solchen Fall würde er die Beschwerde abgeben. Weiter erklärt er: «Es kommt vor, dass ich auf die Akte ehemaliger Kollegen stosse. Ich zeige mich aber jederzeit unparteiisch und anerkenne, wenn sie sich geirrt haben. Und wenn ich mich mit ihnen treffe, sprechen wir nie über Dossiers.» Zudem hätten die ehemaligen Kollegen, mit denen er freundschaftliche Kontakte pflegt, bei der ZAS keine Entscheidungsbefugnis. Darum stelle sich die Frage eigentlich gar nicht. Mattia Bernardoni schätzt in seiner Funktion den Aspekt der Unparteilichkeit sehr und setzt alles daran, um ihn im Tagesgeschäft beim BVGer umzusetzen.

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