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Zwei Jahre Überzeugungsarbeit geleistet

Als Regierungsrätin hat sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter massgeblich dafür eingesetzt, dass das Bundesverwaltungsgericht nach St. Gallen kommt. Im Interview spricht die Justizministerin über die eminente Bedeutung des BVGer. Und sie erklärt, warum sie am Gericht nichts verloren hat.

08.11.2022 - Andreas Notter

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Portrait Karin Keller-Sutter
Karin Keller-Sutter bei einem Besuch in St.Gallen in diesem Jahr. Bild: keystone

Frau Bundesrätin Karin Keller-Sutter, vor zehn Jahren nahm das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen seinen Betrieb auf. Bereits viele Jahre zuvor kämpften Sie als Regierungsrätin an vorderster Front dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht nach St. Gallen kommt. Wie hatten Sie das geschafft?

Entscheidend war die Solidarität der Ostschweizer Kantone. St. Gallen war im Jahr 2000 vom Bund eingeladen worden, sich als Standort zu bewerben. Der Bundesrat sprach sich aber zunächst für Freiburg aus. Wir haben danach fast zwei Jahre lang in den eidgenössischen Räten Überzeugungsarbeit geleistet. St. Gallen konnte mit einem ideal gelegenen Grundstück und mit der Nähe zur Universität St. Gallen punkten. Zudem war die Ostschweiz schon damals ein innovativer Wirtschaftsstandort mit hoher Lebensqualität. Den Durchbruch brachte aber meiner Meinung nach das geschlossene Auftreten der Ostschweizer Kantone sowie die Allianz mit dem Tessin. Für mich war das ein Lehrstück dafür, wie die Ostschweiz als entschlossene Einheit ihre Interessen auch auf nationaler Ebene wahren kann.

Sie sprachen 2012 bei der Eröffnung von einer «grossen staatspolitischen Bedeutung» und einer «Dezentralisierung der Bundesinstitutionen» des Standortentscheides. Beurteilen Sie das immer noch so?

Auf jeden Fall! Echte Dezentralisierung ist mehr als bloss der Ausdruck eines gelebten Föderalismus – sie ist eine Voraussetzung dafür. Wir sind damals wie erwähnt mit dem Tessin eine Allianz eingegangen mit dem Ziel, die Bundesgerichte an der Peripherie anzusiedeln: Das Bundesverwaltungsgericht im Osten der Schweiz, das Bundesstrafgericht im Süden und – historisch – das Bundesgericht im Westen. Die Gerichte bilden so eine Art Klammer um das Land. Sie fördern auch die Identifikation mit dem Bundesstaat, weil die Institutionen mit ihrer physischen Präsenz auch ausserhalb von Bundesbern greifbar werden. Gleichzeitig bildet die Dezentralisierung der Gerichte die institutionell gewollte Distanz von legislativer und exekutiver Gewalt räumlich ab. Im Rechtsstaat ist diese Distanz zentral.  

Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga vor dem BVGer
Karin-Keller Sutter mit ihrer heutigen Bundesratskollegin Simonetta Sommaruga bei der Eröffnung des Bundesverwaltungsgerichts in St.Gallen im Jahr 2012. (Bild: keystone)

Ist dieses «Miteinander von BVGer und Ostschweiz» zustande gekommen, das Sie sich erwünscht hatten?

Einige Richterinnen und Richter respektive Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber haben offenbar die Schönheit und Vorzüge der Ostschweiz entdeckt und dort Wohnsitz genommen. Letztlich müssten also die Mitarbeitenden des Bundesverwaltungsgerichts diese Frage beantworten.

Das Bundesverwaltungsgericht ist mit seinen 15 Jahren immer noch ein junges Gericht. Wie nehmen Sie es als Bundesrätin heute wahr?

Das Bundesverwaltungsgericht ist eine junge Institution, aber sie gründet auf einem bewährten Rechtssystem. Es löste damals ja die eidgenössischen Rekurskommissionen und die Beschwerdedienste der Departemente ab. Mit seiner Schaffung wurde eine wichtige Lücke im System der richterlichen Vorinstanzen des Bundesgerichts geschlossen. Als Beschwerdeinstanz spielt es heute eine wichtige Rolle für die Arbeit der Verwaltung. Im EJPD spielt das Bundesverwaltungsgericht als einzige Beschwerdeinstanz im Asylrecht eine eminente Rolle. Seine Bedeutung ist zum Beispiel auch im Abstimmungskampf um die polizeilichen Massnahmen gegen Terrorismus deutlich geworden: Diese können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Das wird der Polizei helfen, ihre Praxis bei der Anwendung des Gesetzes zu konkretisieren.  

Sind Sie als Justizministerin eigentlich auch manchmal am BVGer? Oder halten Sie sich strikt an die Gewaltentrennung?

Als Mitglied des Bundesrats habe ich nichts am Bundesverwaltungsgericht verloren. Es sei denn, ich werde zum Jubiläumsanlass eingeladen.

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