«Gerichtsschreibende sind enorm wichtig»

Die Bedeutung der Gerichtsschreibenden kann laut dem Nidwaldner Gerichtspräsident Pascal Ruch gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Im Interview äussert sich der stellvertretende Geschäftsstellenleiter der Richterakademie zur Zusammenarbeit, Personalrekrutierung und zum CAS Judikative.

21.03.2025 - Katharina Zürcher

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Pascal Ruch
Pascal Ruch ist Präsident am Kantonsgericht Nidwalden.

Pascal Ruch, Sie sind seit fünf Jahren Gerichtspräsident am Kantonsgericht Nidwalden in Stans. Was gefällt Ihnen an Ihrem Amt und was fordert Sie heraus?
Wir kennen an unserem Gericht keine Spezialisierungen auf bestimmte Rechtsgebiete oder Abteilungen. Um eine qualitativ gute Rechtsprechung sicherzustellen, muss man also in allen Bereichen des Zivil- und Strafrechts immer möglichst gut am Ball bleiben. Dies macht die Arbeit extrem spannend und abwechslungsreich, gleichzeitig aber auch sehr herausfordernd.

Wie gestaltet sich an Ihrem Gericht die Zusammenarbeit mit den Gerichtsschreibenden? Was beobachten Sie bei der Personalrekrutierung?
Aus meiner Sicht ist die Bedeutung der Gerichtsschreibenden im Gerichtsbetrieb gar nicht hoch genug einzuschätzen. Auch wenn die Verantwortung für den Entscheid letztlich bei mir als Richter liegt, sind die Diskussionen und Beratungen mit der Gerichtsschreiberin oder dem Gerichtsschreiber ein zentrales Element auf meinem Weg zu einem guten Entscheid. Bei uns am Gericht sind die Gerichtsschreibenden grundsätzlich fest einem Präsidium zugewiesen. Wir arbeiten also als eingespieltes Duo und ich sehe es als meine Aufgabe, die Gerichtsschreibenden an eine selbstwirksame Tätigkeit in der Justiz heranzuführen – dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Personalrekrutierung auch in der Justiz zunehmend zu einer Herausforderung wird.

«Die Personalrekrutierung wird auch in der Justiz zunehmend zu einer Herausforderung.»

Pascal Ruch, Kantonsgerichtspräsident Nidwalden

Sie sind seit vier Jahren stellvertretender Geschäftsstellenleiter der Schweizerischen Richterakademie, die den CAS Judikative durchführt. Was motiviert Sie zu diesem Engagement?
Für mich ist diese Tätigkeit ein idealer Ausgleich zu meiner Arbeit am Gericht. In der Geschäftsstelle der Richterakademie bin ich das Bindeglied zwischen den Teilnehmenden des Studiengangs, den Dozierenden und den übergeordneten Gremien des Trägervereins. Diese Aufgabe ist sehr reizvoll und ermöglicht es mir, vielfältige Kontakte zu knüpfen.

Sie haben den CAS Judikative 2015-16 selbst absolviert. Hat er Sie gut auf Ihr Richteramt vorbereitet?
Als besonders wertvoll habe ich bereits damals den Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen empfunden, die ihre Erfahrungen aus unterschiedlichsten Institutionen der Justiz eingebracht haben. Auch die fachlichen Inhalte haben mich für verschiedenste praxisrelevante Fragen sensibilisiert, etwa was beim Einsatz von Dolmetscherinnen oder Dolmetschern zu beachten ist, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch heute kommt es in meiner Tätigkeit am Gericht immer wieder mal vor, dass ich die Unterlagen von damals hervorkrame, um etwas nachzusehen.  

Der CAS Judikative an der Universität Luzern richtet sich an Richter/-innen und Gerichtsschreibende. Wie setzen sich die Teilnehmenden zusammen?
Es war ein bewusster Entscheid, den Studiengang sowohl für Gerichtsschreibende als auch für bereits amtierende Richterinnen und Richter anzubieten. Entsprechend freut es uns, dass wir regelmässig eine schöne Zahl von Richterinnen und Richtern in unserem Studiengang begrüssen können. Unter den Teilnehmenden sind zudem diverse Kantone und Instanzen sowie die Gerichte des Bundes vertreten. Diese Durchmischung und der damit verbundene Erfahrungsaustausch ist sicher einer der grossen Trümpfe unseres Studiengangs.

Aus welchen Sparten kommen die Dozentinnen und Dozenten und welches Feedback erhalten Sie von ihnen?
Der konsequent interdisziplinäre Ansatz ist ein weiteres grosses Plus des Studiengangs. Natürlich werden auch klassisch juristische Themen behandelt, von staatstheoretischen Grundlagen bis zu verfahrensrechtlichen Fragen. Besonderen Anklang finden aber meist jene Lehreinheiten, welche den Blick über den juristischen Tellerrand hinaus ermöglichen. Etwa: Wie gehe ich mit Medien um? Wie setze ich Körper und Stimme richtig ein? Wie führe ich Vergleichsverhandlungen? Welche Rolle spielt die Psychologie bei Einvernahmen? Diese und viele weitere Themenbereiche werden von erfahrenen Fachleuten und Praktikern aus unterschiedlichsten Sparten abgedeckt.

Zurzeit steht der achte Studiengang vor dem Abschluss. Hat sich die Ausrichtung des Lehrgangs seit der ersten Durchführung im Jahr 2009 verändert? 
Die Ausrichtung und die Grundstruktur des Studiengangs haben sich nicht verändert. Die grosse Nachfrage zeigt, dass sich das Konzept bewährt. Natürlich gibt es immer mal wieder Wechsel unter den Dozierenden, wodurch sich auch gewisse Schwerpunkte etwas verschieben. Zudem legen wir grossen Wert auf das Feedback der Teilnehmenden und nehmen dieses zum Anlass, regelmässig Feinjustierungen an der Gewichtung und Ausgestaltung der Themenfelder vorzunehmen. 

Was sagen Sie Mitarbeitenden des Bundesverwaltungsgerichts, die sich für den CAS Judikative interessieren?
Ich kann den Studiengang allen empfehlen, die sich eine längerfristige Tätigkeit in der Justiz vorstellen können. Es freut uns sehr, dass das Angebot gerade auch beim Bundesverwaltungsgericht regelmässig auf grosses Interesse stösst.

Verein Richterakademie

Der Verein Schweizerische Richterakademie wurde im Jahr 2007 in Luzern gegründet. Mitglieder sind alle schweizerischen Rechtsfakultäten bzw. Universitäten, die Stiftung für die Weiterbildung schweizerischer Richterinnen und Richter und die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter. Der Zweck des Vereins besteht in der Durchführung eines Zertifikatsstudiengangs für angehende oder amtierende Richterinnen und Richter sowie für Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber. Der CAS Judikative ist auf die Vermittlung von Grundlagen für die richterliche Tätigkeit ausgerichtet.

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