Medienmitteilung zum Urteil A-1510/2020
Amtshilfe an Frankreich: Keine Parteistellung mehr für die UBS
Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat die Parteistellung der UBS für die noch ausstehenden Verfahren betreffend ein Amtshilfeersuchen aus Frankreich zu Recht aberkannt. Zu diesem Schluss kommt das Bundesverwaltungsgericht und lehnt die Beschwerde der UBS ab.
In seinem jüngsten Urteil zum Amtshilfeersuchen Frankreichs vom 11. Mai 2016 befasst sich das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) mit der Frage, ob der Bank UBS Switzerland AG (nachfolgend: UBS) in den noch nicht abgeschlossenen Verfahren Parteistellung zukommt. Im Gesuch verlangt die französische Steuerbehörde (DGFP; Direction Générale des Finances Publiques) die Übermittlung von Daten zu über 40 000 UBS-Konten.
Bisherige Prozessgeschichte
Im Oktober 2016 räumte das BVGer[1] der UBS Parteistellung im genannten Amtshilfeverfahren ein. Im Februar 2018 erliess die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Rahmen von «Pilotverfahren» acht Schlussverfügungen, in denen sie die Amtshilfeleistung anordnete. Die von der UBS dagegen erhobene Beschwerde hiess das BVGer[2] im Juli desselben Jahres gut, soweit es darauf eintrat. Hiergegen führte die ESTV erfolgreich Beschwerde: Das Bundesgericht (BGer)[3] befand im Juli 2019 das «Listenersuchen» Frankreichs als zulässig, bestätigte die Amtshilfeleistung an die DGFP und hob das Urteil des BVGer vom Juli 2018 auf. Vor diesem Hintergrund aberkannte die ESTV im Februar 2020 die Parteistellung der UBS in allen Einzelverfahren, für welche noch keine Schlussverfügungen erlassen wurden. Gegen diesen Entscheid erhob die UBS Beschwerde ans BVGer.
Fehlendes schutzwürdiges Interesse
In seinem aktuellen Entscheid stellt das BVGer nun fest, dass die UBS ein Gerichtsverfahren durch sämtliche Instanzen durchlaufen hat. Dabei hatte sie Gelegenheit, ihren Standpunkt zu vertreten und ihre Einwände vollumfänglich überprüfen zu lassen. Im Urteil vom 26. Juli 2019 hat sich das BGer bereits ausführlich mit den Befürchtungen der UBS auseinandergesetzt, diese aber als unbegründet erachtet. Aufgrund dieses materiell rechtskräftigen Urteils ist der Verfahrensausgang im Fall einer neuen Beschwerde der Bank nicht mehr offen. Unter diesen Umständen erweist sich das Interesse der UBS an einer weiteren Verfahrensteilnahme als nicht (mehr) schutzwürdig.
Strafverfahren in Frankreich
Die UBS befürchtet, dass die französische Steuerbehörde die zu übermittelnden Amtshilfedaten als Beweis im derzeit gegen die Bank hängigen Strafverfahren in Frankreich einführen würde. Sie verweist auf ein Urteil des hierfür zuständigen französischen Gerichts, das im bundesgerichtlichen Verfahren noch nicht berücksichtigt wurde. Darin hat das französische Gericht festgestellt, dass Amtshilfedaten aus dem Jahr 2015 rechtswidrig auch im Strafverfahren gegen die UBS verwendet wurden. Es ist aber für das BVGer nicht ersichtlich, inwiefern hierdurch die Glaubwürdigkeit der Zusicherung Frankreichs aus dem Jahr 2017 untergraben werden könnte, welche sich klar auf zukünftige Amtshilfeleistungen bezieht. Das BGer hat sich bereits eingehend mit dieser Zusicherung vom Juli 2017 befasst und diese als ausreichend erachtet. Aus dem französischen Urteil ergibt sich somit keine Änderung der Sachlage, welche geeignet wäre, in der Sache ein anderes Ergebnis herbeizuführen. Aufgrund dieses vorbestimmten Verfahrensausgangs besteht kein schutzwürdiges Interesse mehr an einer Verfahrensteilnahme.
Folglich hat die ESTV zu Recht am 12. Februar 2020 die Parteistellung der UBS für die noch nicht abgeschlossenen Einzelverfahren aberkannt. Das BVGer lehnt somit die Beschwerde der UBS ab.
Dieses Urteil kann in den Grenzen von Artikel 84a des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 beim Bundesgericht angefochten werden (d.h. wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt; ob dies der Fall ist, entscheidet das Bundesgericht).
[1] Urteil A-4974/2016 vom 25. Oktober 2016
[2] Urteil A-1488/2018 vom 30. Juli 2018
[3] Urteil 2C_653/2018 vom 26. Juli 2019