Medienmitteilung zum Urteil A-3584/2020

Bundesstrafgericht muss Anwaltskosten übernehmen

Eine Richterin des Bundesstrafgerichts muss für Anwaltskosten entschädigt werden, die ihr infolge der Publikation eines Aufsichtsberichts des Bundesgerichts und Äusserungen des Bundesgerichtspräsidenten entstanden sind. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht.

16.04.2021

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Foto: Keystone
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Ab Beginn des Jahres 2020 führte die Verwaltungskommission (VK) des Bundesgerichts ein aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am Bundesstrafgericht (BStGer) durch, in dessen Rahmen verschiedene Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts – darunter auch die Beschwerdeführerin – einvernommen wurden. Nach der Veröffentlichung des Aufsichtsberichts wurde in den Medien gegenüber der Richterin der ungerechtfertigte Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung erhoben. Wenig später stand dieselbe nach Äusserungen des ehemaligen Bundesgerichtspräsidenten über sie erneut im Fokus der Medien.

 

Berufung auf Fürsorgepflicht

Die Richterin ersuchte die VK des Bundesstrafgerichts um Kostengutsprache für einen externen, auf Medienrecht spezialisierten Anwalt. Sie begründete den Beizug professioneller Hilfe unter anderem mit der erheblichen Belastung und Bedrohung ihrer Autorität als Richterin, aber auch mit dem Schutz ihrer Reputation und derjenigen des Bundesstrafgerichtes.

 

Die Rückerstattung von Verfahrens- und Parteikosten kommt gemäss Bundespersonalverordnung dann zur Anwendung, wenn Bundesangestellte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in ein Zivil- oder Strafverfahren verwickelt sind (Art. 77 BPV). Mit Verweis darauf, dass diese Voraussetzungen in dieser Sache nicht erfüllt seien, wies die VK des BStGer das Gesuch der Richterin ab. Gegen diesen Entscheid erhob die Richterin Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Sie beruft sich in ihrer Beschwerde nicht auf die BPV, sondern auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR).

 

Richterin hat Anspruch auf Rückerstattung

Das BVGer hält in seinem Urteil fest, dass auch gegenüber Richterpersonen die Fürsorgepflicht gilt. Alle Arbeitgeber, so auch das Bundesstrafgericht, sind verpflichtet, die persönliche und berufliche Ehre sowie die Stellung und das Ansehen ihrer Angestellten im Betrieb zu schützen. Umgekehrt unterstehen die Arbeitnehmenden der Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt deshalb zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin im Grundsatz Anspruch auf die Übernahme der Anwaltskosten zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte hat. Die Kostengutsprache aus der Fürsorgepflicht sei auch deshalb zu erteilen, weil der gegenüber der Richterin öffentlich und nicht anonymisiert geäusserte Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung nicht gerechtfertigt war. Das BVGer heisst die Beschwerde somit gut und hebt die Verfügungen des BStGer auf. Den konkreten Umfang der Kostenerstattung wird das BStGer in einem Folgeverfahren zu beurteilen haben.

 

Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Kontakt

Rocco Maglio
Rocco Maglio

Medienbeauftragter