Medienmitteilung zum Urteil A-4744/2019

Gerichtsentscheid zur Kündigung einer ETH-Professorin

Gemäss Bundesverwaltungsgericht war die Kündigung einer Professorin der ETH Zürich weder missbräuchlich noch geschlechterdiskriminierend. Da es der Kündigung aber an einer vorangehenden Mahnung fehlte, spricht das Gericht der Professorin eine Entschädigung von acht Monatslöhnen zu.

21.04.2022

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Foto: Keystone
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Mehrere Doktorandinnen und Doktoranden der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) hatten sich 2017 bei der Ombudsstelle über das Verhalten einer Professorin beschwert und ihr respektloses sowie ungebührliches Verhalten vorgeworfen. Aufgrund dieser Anschuldigungen führte die ETHZ eine Administrativuntersuchung durch, bei der im Kern resultierte, dass die Vorwürfe zutreffen würden. Der ETH-Rat entliess sodann die Professorin mit einer ordentlichen Kündigung. Die Betroffene focht diese beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) an mit der Begründung, die Kündigung sei missbräuchlich und geschlechterdiskriminierend.

Weder missbräuchlich noch diskriminierend
Missbräuchlich ist eine Kündigung, wenn sie aus unzulässigen Gründen ausgesprochen wird. Das BVGer kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass die Kündigung weder als missbräuchlich noch als geschlechterdiskriminierend qualifiziert werden kann. Entgegen den Behauptungen der Betroffenen erfolgte sie nicht zur Lösung eines singulären zwischenmenschlichen Konflikts mit einer Doktorandin oder aus Rache darauf, dass die Professorin ihre rechtlichen Ansprüche geltend gemacht hatte. Der ETH-Rat sprach die Kündigung aus, weil die Professorin durch ihren Führungsstil und ihren Umgang mit den Mitarbeitenden wiederholt wichtige gesetzliche und vertragliche Pflichten verletzt und sich inakzeptabel verhalten hatte.

Zum Vorwurf der Geschlechterdiskriminierung gelangt das Gericht nach eingehender Prüfung zur Ansicht, dass er ungerechtfertigt ist. Im Vorgehen der ETHZ sind auch im Vergleich zu vorangehenden Fällen keine Anzeichen einer Geschlechterdiskriminierung erkennbar. Da die ausgesprochene Kündigung weder missbräuchlich noch geschlechterdiskriminierend war, entfällt der Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung; die Kündigung beendete das Arbeitsverhältnis mit der Betroffenen.

Versäumnisse der Hochschule
Wie aus den Akten zu entnehmen ist, beschwerten sich bereits in früheren Jahren verschiedene Personen bei der Ombudsstelle der ETHZ über das Führungsverhalten der Professorin. Schon 2005 gelangte eine Person an die Ombudsstelle, weitere Eingaben erfolgten 2009, 2013 und 2016. Diese blieben jedoch allesamt folgenlos. Sie wurden weder untersucht, noch wurde die Betroffene über die Beanstandungen informiert. Erst die Beschwerde von 2017 führte zu weiteren Abklärungen und schliesslich zum vorliegenden Kündigungsverfahren.

Die jahrelange Untätigkeit der Hochschule hat für das BVGer wesentlich zur schlussendlich eingetretenen Situation beigetragen. Bei rechtzeitigem Einschreiten durch die Hochschule wäre eine Mahnung – allenfalls verbunden mit einem Coaching – als geeignetes Instrument anzusehen gewesen, um eine Verbesserung des beanstandeten Verhaltens herbeizuführen. Zum aktuellen Zeitpunkt können aber auch mildere Massnahmen trotz der bisher fehlenden Selbstreflexion und Einsicht nicht zum vornherein als aussichtslos erachtet werden. Die umgehende Entlassung erweist sich daher als unverhältnismässig und ist mangels einer vorgängigen Mahnung ungerechtfertigt. Aus diesem Grund spricht das BVGer der Betroffenen eine Entschädigung von insgesamt acht Monatslöhnen zu.

Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.