Medienmitteilung zum Urteil E-3427/2021, E-3431/2021
Strengere Kriterien bei Überstellungen nach Griechenland
Das Bundesverwaltungsgericht präzisiert seine Rechtsprechung zur Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung von anerkannten Schutzberechtigen nach Griechenland. Bei vulnerablen Personen gelten fortan strengere Kriterien.
Am 1. März 2020 trat in Griechenland das Gesetz Nr. 4636/2019 «On international Protection and other Provisions» in Kraft. Es hat weitreichende Auswirkungen auf die Situation von anerkannten Schutzberechtigten.
Die Leistungen, welche Asylsuchende erhalten, werden 30 Tage nach Erlass eines positiven Asylentscheides oder des Entscheids auf Gewährung eines subsidiären Schutzstatus eingestellt. Der grösstenteils mangelhafte Zugang zu einer Unterkunft stellt das zentrale Problem für anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland dar. Auf Schwierigkeiten stossen anerkannte Schutzberechtigte auch beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, zum staatlichen Sozialsystem, zum regulären Arbeitsmarkt und zur Bildung.
Vollzug der Wegweisung weiterhin zulässig
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hält auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach der Vollzug der Wegweisung nach Griechenland für Personen, die dort einen Schutzstatus erhalten haben, grundsätzlich zulässig ist. Trotz der dargelegten Schwächen kann nicht von einem dysfunktionalen Aufnahmesystem gesprochen werden. Es ist nicht von einer Situation auszugehen, in der jeder Person eine völkerrechtswidrige Behandlung droht.
Strengere Kriterien bei vulnerablen Personen
Das BVGer geht auch weiterhin davon aus, dass der Vollzug der Wegweisung nach Griechenland für anerkannte Schutzberechtigte grundsätzlich zumutbar ist. Einschränkungen beschliesst das Gericht jedoch für Familien mit Kindern, unbegleitete Minderjährige und schwer Erkrankte. Für Familien mit Kindern sind Überstellungen nur zumutbar, falls günstige Voraussetzungen oder Umstände vorliegen. Bei unbegleiteten Minderjährigen und schwer Erkrankten erachtet das Gericht den Vollzug der Wegweisung als grundsätzlich unzumutbar, ausser bei Vorliegen von besonders begünstigenden Umständen. Das Staatssekretariat für Migration ist gehalten, in solchen Fällen vertiefte Abklärungen vorzunehmen.
Dieses Urteil ist abschliessend und kann deshalb nicht beim Bundesgericht angefochten werden.