Den Austausch fördern

Die Zusammenarbeit ist vor allem durch die Digitalisierung vorangetrieben worden. Sie setzt voraus, dass man einander kennt und viel kommuniziert. Aber was noch? Cinzia Dal Zotto gibt uns einige Hinweise zu diesem Thema.

26.01.2022 - Anaëlle Deschenaux

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Mitarbeitende in geschäftlicher Diskussion
Cinzia Dal Zotto spricht über die Zusammenarbeit im Rahmen der Digitalisierung. Foto: Chris Mansfield

Cinzia Dal Zotto, weshalb ist Zusammenarbeit im Beruf so wichtig geworden?

Es gibt mehrere Gründe, warum sie zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zum einen ist der Dienstleistungssektor zum grössten Sektor in unserem Wirtschaftssystem geworden, und es ist in diesem Sektor, dass am meisten zusammengearbeitet wird. Zum andern hat sich die Natur der Arbeit gewandelt, vor allem durch den Einfluss der neuen Technologien. Jeder spezialisiert sich auf einen Teil der Arbeit, so dass Zusammenarbeit mit anderen notwendig ist, um eine vollständige Dienstleistung erbringen zu können. Ausserdem erlaubt die Technologie, Experten aus der ganzen Welt einzubinden, die aus der Ferne zusammenarbeiten und zu einem Projekt beitragen können.

Wie kann die Zusammenarbeit in einem Team gefördert werden?

Vorab braucht es ein gemeinsames Ziel oder ein klar definiertes gemeinsames Projekt. Dann braucht es Anreize, die die Menschen zur Zusammenarbeit motivieren. Es ist wichtig, die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verstehen und die Anreize so anzupassen, dass alle von der Zusammenarbeit profitieren können. Zweckmässig sind auch Mitarbeiterschulungen zum Thema Zusammenarbeit, z. B. Teambuilding-Sitzungen, in denen es darum geht, die Mitglieder eines Teams zusammenzubringen und sich besser kennenzulernen. Last but not least sollten die Organisationen dafür sorgen, intern eine Kultur der Zusammenarbeit zu fördern. Dazu müssen die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und einen eher partizipativen Führungsstil pflegen.

Wie stärkt besseres Einander-Kennen den Zusammenhalt von Teams?

Sobald zwischen Teammitgliedern eine persönliche Verbindung besteht, wird die Zusammenarbeit einfacher. Die persönliche Verbindung hilft den Menschen, eine andere Einstellung zueinander zu haben. Letztlich geht es bei der Zusammenarbeit darum, dass man einander hilft. Jeder, der an einem Projekt mitarbeitet, muss wissen, wer was macht, um intervenieren zu können, um zu wissen, wie er beitragen kann, und um Aufgaben übernehmen zu können, wenn jemand überlastet ist.

Das heisst?

Man muss sicherstellen, dass die Informationen unter allen Beteiligten zirkulieren, damit ein hohes Mass an Transparenz erreicht wird. Dazu sollte man nicht zögern, verschiedene Kommunikationskanäle zu nutzen, die einem zur Verfügung stehen, wie E-Mail, Telefon, Austausch am Arbeitsplatz und andere mehr. Kommunikation und Transparenz sind die Grundlage guter Zusammenarbeit.

«Last but not least sollten die Organisationen dafür sorgen, intern eine Kultur der Zusammenarbeit zu fördern. Dazu müssen die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und einen eher partizipativen Führungsstil pflegen.»

Cinzia Dal Zotto

Nicht jeder ist ein geborener Manager. Welche Fähigkeiten sind zu erlernen, um ein Team zu orchestrieren?

Zunächst einmal ist es wichtig, an seiner Sozialkompetenz zu arbeiten. Müheloses Kommunizieren, aktives Zuhören und Empathie sind zur guten Führung von Teams sehr nützlich, und es gibt eine ganze Reihe von Techniken, um sie zu entwickeln. Um aktiver zuzuhören, kann man z. B. Gesagtes umformulieren. So vergewissert man sich, dass man aufmerksam ist und alles richtig verstanden hat. Auch sehr wichtig ist, sein Einfühlungsvermögen zu entwickeln, um zu verstehen, in welcher Situation sich die Personen befinden, und ihnen konkret helfen zu können. Auch sollte man die eigene Managementkompetenz entwickeln bzw. seine Fähigkeit, Mitarbeitende zu motivieren und ihnen ihre Verantwortung bewusst zu machen. Schliesslich ist auch die Verbesserung der eigenen Organisationskompetenz von wesentlicher Bedeutung. Man sollte gleichzeitig pragmatisch und realistisch sein und den Überblick über die Situation behalten. Manche Menschen verfügen bereits über diese Fähigkeiten, andere weniger, aber es ist durchaus möglich, sie durch Ausbildung oder Praxis zu entwickeln.

Arbeit im Homeoffice wird immer häufiger. Worauf ist zu achten, damit dies die Zusammenarbeit nicht behindert?

Arbeit im Homeoffice bringt viele Vorteile. Es ist aber darauf zu achten, dass sie die Präsenzarbeit nicht vollständig ersetzt, da dies zu einem Verlust des Zusammenhalts zwischen den Mitgliedern einer Organisation führen könnte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Arbeit im Homeoffice nicht für alle Persönlichkeitstypen gleich geeignet ist. Leichter fallen dürfte diese Form der Arbeit eher extrovertierten Personen, da es solchen im Allgemeinen keine Schwierigkeiten bereitet, die Initiative zu ergreifen und z. B. ihre Kollegen anzurufen oder ihnen eine Chat-Nachricht zu schreiben. Eher introvertierte Personen werden dagegen eher dazu neigen, sich zu isolieren. Diese brauchen daher noch immer vermehrt physischen Kontakt, um sich auszutauschen. Bei der Planung der Arbeit im Homeoffice sollte deshalb der Lage und der Persönlichkeit der Mitarbeitenden Rechnung getragen werden. Schliesslich wäre es wichtig, ein klares Reglement zu diesem Thema zu haben, um Missverständnisse und Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Darin sollten die Zeiten festgelegt sein, zu denen die Mitarbeitenden online sein müssen, damit niemand davon abgehalten wird, jemanden anzurufen, und damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gewährleistet bleibt.

Nicht alle haben zu Hause genügend Ruhe und Platz, um im Homeoffice zu arbeiten. Gibt es Alternativen, um Mitarbeitenden den täglichen Arbeitsweg zu ersparen?

Ja, eine Alternative wäre die Bereitstellung von Telearbeitsplätzen in Coworking-Büros in der Nähe des Wohnorts des Mitarbeiters, wo man ein paar Tage in der Woche in einem arbeiten kann, wo genug Ruhe und Platz ist, um konzentriert zu arbeiten, und sich so den Arbeitsweg ersparen.

Ist die Einrichtung kollaborativer Arbeitsbereiche ein wirksamer Weg zur Förderung einer Unternehmenskultur, in der der Austausch einen höheren Stellenwert hat?

Ja, denn kollaborative Arbeitsbereiche fördern den Austausch! Das muss natürlich nicht zur Regel werden, aber Gelegenheiten für den Austausch zu schaffen ist wichtig. Dies kann die Arbeit erleichtern und fliessender machen.

Haben Sie zum Schluss einen Rat, wie man alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Digitalisierungsprozess einbeziehen kann, den so viele Organisationen aktuell durchlaufen?

Neben dem Angebot von Mitarbeiterschulungen über den Umgang mit den neu zur Verfügung stehenden Instrumenten halte ich die intergenerationale Zusammenarbeit für einen sehr interessanten Ansatz. Die Bildung von Arbeitsgruppen mit einander ergänzenden Mitgliedern, in denen Mitarbeitende mit ausgeprägteren Kenntnissen der neuen Technologien ihr digitales Wissen einbringen können und andere ihr Wissen und ihre Erfahrungen in anderen Bereichen, ist eine gute Strategie.

Portrait Cinzia Dal Zotto

Zur Person

Cinzia Dal Zotto hat an der Universität Regensburg in Deutschland promoviert und an der Katholischen Universität Mailand in Italien einen Master erworben. Von 2004 bis 2008 war sie Assistenzprofessorin und Forschungsleiterin am Media Management and Transformation Centre an der Jönköping International Business School in Schweden. Danach wechselte sie als Professorin für Medienmanagement an die Universität Neuenburg, wo sie zwischen 2010 und 2012 die Akademie für Journalismus und Medien leitete. An derselben Universität ist sie aktuell Professorin für Personalmanagement an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Als Gastprofessorin an zahlreichen Universitäten auf der ganzen Welt konzentriert sich ihre aktuelle Forschung auf die digitale Transformation in Organisationen. Cinzia Dal Zotto ist auch Beraterin und Ausbilderin in Personalmanagement und Organisationsentwicklung.

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